Internationalisierung schafft die Grundlage für den weltweiten Einsatz, während Lokalisierung Produkte für bestimmte Zielmärkte anpasst. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Prozessen hilft Unternehmen, effizientere internationale Arbeitsabläufe zu entwickeln. Dieser Beitrag betrachtet, wie diese komplementären Prozesse zusammenwirken, wenn Produkte für ausländische Zielgruppen erstellt werden.
I18n: Die Grundlage für globale Software
Internationalisierung ist der Prozess, eine Softwareanwendung oder ein Produkt so zu gestalten, dass es an verschiedene Sprachen und Regionen angepasst werden kann, ohne dass technische Änderungen erforderlich sind. Der Begriff wird als I18n abgekürzt, weil im englischen „internationalization“ 18 Buchstaben zwischen ‚i‘ und ‚n‘ stehen.
Der I18n-Prozess umfasst in der Regel:
- Trennung von Benutzeroberflächen-Texten vom Code in Ressourcendateien
- Unterstützung von Unicode und verschiedenen Zeichenkodierungsstandards
- Erstellung anpassungsfähiger Layouts, die Texterweiterung/Textverkürzung berücksichtigen
- Aktivierung der bidirektionalen Textunterstützung (rechts-nach-links-Sprachen wie Hebräisch)
- Flexibilität für unterschiedliche Datums, Zahlen und Währungsformate
- Design unter Berücksichtigung kultureller Unterschiede in Farbbedeutungen und Bildsprache
Ein internationalisiertes Softwareprodukt ist möglicherweise noch nicht übersetzt, aber es ist so konzipiert, dass es mehrere Sprachen und regionalspezifische Komponenten unterstützt, sobald diese Übersetzungen zur Eingabe bereit sind.
L10n: Von der Übersetzung zur kulturellen Anpassung

Lokalisierung ist der Prozess der Anpassung eines Produkts oder Inhalts für eine bestimmte Region oder einen bestimmten Markt. Der Begriff wird als L10n abgekürzt, weil, wie Sie bereits vermutet haben, die Anzahl der Buchstaben zwischen ‚l‘ und ‚n‘ in „localization“ 10 beträgt.
Im Allgemeinen umfasst die Lokalisierung:
- die Übersetzung von Text in die Zielsprache
- die Anpassung von Grafiken und Designelementen an kulturelle Gegebenheiten
- eine Umrechnung von Währungen, Einheiten und Datumsformaten
- die Berücksichtigung lokaler Vorschriften und rechtlicher Anforderungen
- die Anpassung von Inhalten an lokale Präferenzen und Gebräuche
- Tests zur Sicherstellung der Funktionalität im Zielmarkt
Während sich die Internationalisierung also darauf konzentriert, ein Produkt anpassungsfähig zu machen, implementiert die Lokalisierung diese Anpassungen für bestimmte Zielmärkte.
Lokalisierung vs. Internationalisierung auf einen Blick
Der größte Unterschied zwischen den beiden Prozessen liegt in ihrem Timing und Fokus:
Aspekt | Internationalisierung (i18n) | Lokalisierung (l10n) |
---|---|---|
Wann | Während des initialen Designs und der Entwicklung | Nach der Internationalisierung, vor dem Markteintritt |
Fokus | Technische Vorbereitung und Architektur | Kulturelle und sprachliche Anpassung |
Wer | Entwickler und Ingenieure | Übersetzer und Kulturspezialisten |
Wiederholbarkeit | Einmalig durchgeführt zur Produktvorbereitung | Wird für jeden Zielmarkt wiederholt |
Inhaltsänderungen | Minimal – konzentriert sich auf die Struktur | Erheblich – transformiert Inhalte |
Microsoft definiert Internationalisierung als die "Erstellung von Software, die sich an Regionen weltweit anpasst", während Lokalisierung diese anpassungsfähige Grundlage nutzt und spezifische Marktversionen implementiert. In der globalen Produktentwicklung bilden die beiden Prozesse eine sequentielle Beziehung:
- Internationalisierung zuerst: Produkte müssen internationalisiert werden, bevor sie effizient lokalisiert werden können
- „Eine I18n, viele L10n“: Ein einziger Internationalisierungsprozess ermöglicht so viele Lokalisierungsprozesse wie benötigt
- Kontinuierlicher Zyklus: Mit der Weiterentwicklung von Produkten setzen sich beide Prozesse iterativ fort
Die Internationalisierung funktioniert wie eine flexible Vorlage, während die Lokalisierung diese mit marktspezifischen Inhalten füllt. Ohne ordnungsgemäße I18n wird L10n exponentiell schwieriger und teurer.
Technischer Vergleich: Wie I18n und L10n in der Praxis funktionieren
Folgende technische Beispiele verdeutlichen die Konzepte konkret.
Beispiele für Internationalisierung:
// Schlechter Code (nicht internationalisiert)
alert("Welcome to our store!");
// Guter Code (internationalisiert)
alert(getLocalizedString("WELCOME_MESSAGE"));
Der internationalisierte Ansatz extrahiert Text in Ressourcendateien, die übersetzt werden können, ohne den Code zu ändern.
Beispiele für Lokalisierung:
// Englische Ressourcendatei
WELCOME_MESSAGE = "Welcome to our store!"
// Spanische lokalisierte Ressourcendatei
WELCOME_MESSAGE = "¡Bienvenido a nuestra tienda!"
// Arabische lokalisierte Ressourcendatei (mit RTL-Berücksichtigung)
WELCOME_MESSAGE = "!مرحباً بكم في متجرنا"
Jede lokalisierte Version passt den Inhalt an eine bestimmte Region an, während der internationalisierte Code unverändert bleibt.
Strategie für internationale Markteinführungen

Eine Roadmap für die Internationalisierungs- und Lokalisierungsstrategie eines Digitalprodukts beinhaltet typischerweise folgende Punkte.
- Globale Planung von Anfang an: I18n-Anforderungen frühzeitig in der Produktentwicklung berücksichtigen
- Design mit Blick auf Übersetzungen: Platz für Texterweiterungen einplanen (deutsche und finnische Texte sind beispielsweise typischerweise 30-40% länger als englische)
- Unicode-Unterstützung implementieren: Sicherstellen, dass das Produkt Zeichen aus allen Sprachen anzeigen kann
- Flexible Layouts erstellen: Benutzeroberflächen entwickeln, die sowohl mit rechts-nach-links als auch links-nach-rechts Sprachen funktionieren
- Inhalte externalisieren: Alle übersetzbaren Inhalte vom Code trennen
- Märkte priorisieren: Eine Roadmap für die zuerst anzusprechenden Regionen entwickeln
- Mit regionalen Experten zusammenarbeiten: Muttersprachler einbinden für die Übersetzung und kulturelle Anpassung
- In Zielmärkten testen: Lokalisierte Versionen mit Nutzern aus jeder Region validieren
Dieser strategische Ansatz minimiert Kosten und maximiert gleichzeitig das globale Marktpotenzial.
Praxisbeispiele
Internationalisierung und Lokalisierung erfüllen unterschiedliche Funktionen in verschiedenen Branchen, wie die folgenden Fälle zeigen.
E-Commerce-Plattformen:
- I18n: Aufbau von Katalogsystemen, die mehrere Währungen, Steuerstrukturen und Versandregeln unterstützen
- L10n: Implementierung spezifischer Währungen, Zahlungsmethoden und Versandoptionen für jedes Land
Mobile Anwendungen:
- I18n: Flexible Layouts gestalten, die sich an verschiedene Textrichtungen und -längen anpassen
- L10n: Sprachspezifische Versionen mit passenden kulturellen Bezügen und Bildern erstellen
Videospiele:
- I18n: Systeme für austauschbaren Text, Audio und kulturelle Elemente entwickeln
- L10n: Anpassung von Dialogen, Sprachausgabe, kulturellen Referenzen und ggf. Spielmechaniken für verschiedene Märkte
Fertigung:
- I18n: Erstellung von vorlagenbasierten Montageanweisungen mit minimalem Text
- L10n: Bereitstellung sprachspezifischer Montageanweisungen für Produkte, die in verschiedenen Ländern verkauft werden
Diese Beispiele zeigen, wie Internationalisierung die technische Architektur bereitstellt, um Lokalisierung zu ermöglichen. Die beiden Prozesse funktionieren als komplementäre Phasen und nicht als konkurrierende Ansätze.
Typische Herausforderungen
Beide Prozesse stehen aber vor unterschiedlichen Hürden.
Herausforderungen bei der Internationalisierung:
- Nachrüstung bestehender Produkte für die Internationalisierung
- Unterstützung bidirektionaler Texte in Benutzeroberflächen
- Umgang mit Eingabemethoden für verschiedene (insb. asiatische) Sprachen
- Verwaltung von Pluralisierungsregeln, die je nach Sprache variieren
- Anpassung an unterschiedliche Namens- und Adressformate
Herausforderungen bei der Lokalisierung:
- Qualifizierte Übersetzer für spezialisierte Inhalte zu finden
- Aufrechterhaltung einer konsistenten Terminologie über Übersetzungen hinweg
- Anpassung an sich schnell entwickelnde lokale Vorschriften
- Bewältigung der Komplexität mehrerer paralleler Versionen
- Synchronisierung lokalisierter Versionen mit Produktaktualisierungen
Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert spezielles Fachwissen und sorgfältige Planung.
Die Rolle der Globalisierung im I18n und L10n Prozess
Globalisierung ist ein umfassenderes Geschäftskonzept, das sowohl Internationalisierung als auch Lokalisierung umfasst. Während I18n und L10n sich auf Produkt- und Inhaltsanpassung konzentrieren, erstreckt sich Globalisierung auf Marktforschung und Einstiegsstrategie, rechtliche und regulatorische Compliance, internationale Geschäftsabläufe, grenzüberschreitende Logistik und Fulfillment sowie globalen Kundensupport.
Internationalisierung und Lokalisierung fallen unter den technischen Implementierungsaspekt einer breiteren Globalisierungsstrategie. Ein Unternehmen kann ausgezeichnete I18n- und L10n-Prozesse haben und dennoch aufgrund von geschäftlichen oder regulatorischen Herausforderungen in neuen Märkten Schwierigkeiten mit der Globalisierung haben.
Das Verständnis, wann der Fokus auf welchen Prozess gelegt werden sollte, hilft bei der Optimierung der globalen Entwicklung.
Wann Sie internationalisieren sollten:
- Bei der Entwicklung neuer Produkte oder größerer Updates
- Beim Aufbau von Kerntechnologieplattformen
- Bei der Erstellung von Content-Management-Systemen
- Bei der Entwicklung von Vorlagen und Frameworks
- Bei der Planung für eventuelle globale Expansion
Wann Lokalisierung notwendig wird:
- Beim Eintritt in spezifische neue Märkte
- Bei der Behebung von Leistungsproblemen in bestehenden Märkten
- Als Reaktion auf kulturelles Feedback
- Bei Aktualisierungen aufgrund lokaler regulatorischer Änderungen
- Bei der Erweiterung von Produktfunktionen für bestimmte Regionen
Der beste Ansatz besteht typischerweise darin, Internationalisierung von Anfang an in den Entwicklungsprozess einzubauen und dann je nach Bedarf Lokalisierung für jeden Zielmarkt zu implementieren.
Werkzeuge und Technologien für effiziente I18n und L10n
Moderne Internationalisierung und Lokalisierung basieren auf spezialisierten Tools.

Werkzeuge für die Internationalisierung:
- Unicode-Bibliotheken für Zeichenkodierung
- I18n-Frameworks für verschiedene Programmiersprachen
- Pseudo-Lokalisierungs-Testtools
- Bibliotheken zur Unterstützung bidirektionaler Texte
- Format-Erkennungs- und Konvertierungstools
Werkzeuge für die Lokalisierung:
- Translation-Management-Systeme (TMS)
- Computer-Aided-Translation (CAT) Tools
- Maschinelle Übersetzung mit menschlicher Nachbearbeitung
- Terminologiedatenbanken und Glossare
- Testsuites zur Qualitätssicherung bei der Lokalisierung
Diese Technologien helfen, die globale Produktentwicklung zu optimieren und die Komplexität bei der Verwaltung mehrerer Sprachversionen zu reduzieren.
Zukunftsperspektiven
Mehrere Trends prägen die Entwicklung von I18n und L10n:
- KI-gestützte Übersetzung: Maschinelle Übersetzung wird für bestimmte Inhaltstypen zunehmend praktikabel
- Kontinuierliche Lokalisierung: Automatisierte Workflows, die Inhalte lokalisieren, sobald sie erstellt werden
- Hyperlokalisierung: Präzisere Marktzielausrichtung über die Sprache hinaus
- Nutzerbasierte Übersetzung: Gemeinschaftliche Beteiligung an Lokalisierungsprojekten
- Sprach- und multimodale Schnittstellen: Stellen neue Herausforderungen für die Internationalisierung dar
Für Unternehmen, die über Grenzen hinweg expandieren, müssen Internationalisierung und Lokalisierung in standardmäßige Entwicklungspraktiken integriert werden. Die Beziehung zwischen diesen Prozessen bleibt symbiotisch – Internationalisierung schafft die technische Grundlage, die Lokalisierung ermöglicht, während Lokalisierung internationalisierte Produkte in jedem Zielmarkt zum Leben erweckt. Unternehmen, die global erfolgreich sind, investieren strategisch in beide Bereiche.
Häufige Fragen zu Lokalisierung vs. Internationalisierung
Wird Internationalisierung vor oder nach der Lokalisierung durchgeführt?
Internationalisierung erfolgt vor der Lokalisierung. Sie bereitet das Produkt auf die Lokalisierung vor, indem es anpassungsfähig für verschiedene Sprachen und Regionen gemacht wird.
Kann man lokalisieren, ohne zuerst zu internationalisieren?
Technisch ja, aber es ist äußerst ineffizient. Ohne Internationalisierung wird jede Lokalisierung zu einem individuellen Entwicklungsprojekt anstatt zu einem Prozess der Inhaltsanpassung.
Was ist der Unterschied zwischen I18n und L10n?
I18n (Internationalisierung) macht Produkte anpassungsfähig für verschiedene Märkte, während L10n (Lokalisierung) sie tatsächlich für bestimmte Märkte anpasst. I18n ist vorbereitend; L10n ist die Umsetzung.
Benötigen alle Produkte sowohl Internationalisierung als auch Lokalisierung?
Jedes Produkt, das für den globalen Einsatz bestimmt ist, sollte internationalisiert werden. Ob es eine Lokalisierung benötigt, hängt von den spezifischen Märkten ab, die angesprochen werden sollen, und wie unterschiedlich diese vom Heimatmarkt sind.
Wie misst man erfolgreiche Internationalisierung?
Erfolgreiche Internationalisierung wird daran gemessen, wie effizient neue Sprachen und Märkte hinzugefügt werden können, ohne Code-Änderungen oder Neugestaltungen zu erfordern.